Wenn Philipp hörte, daß jemand ein Verbrechen begangen hatte, konnte er sagen: „Gott sei Dank, daß ich nicht noch Schlimmeres tat.“ Bei der Beichte konnte er Ströme von Tränen vergießen, und sagen: „Ich habe nie etwas Gutes getan.“
Als einmal eine Pönitentin zu verstehen gab, daß ihr die Härte unerträglich sei, die ihm von vielen, welche ihm zu großem Dank verpflichtet waren, widerfuhr, gab er zur Antwort: „Wenn ich demütig wäre, würde mich Gott davor bewahren.“
Wenn eines seiner geistlichen Kinder zu ihm sprach: „Vater, ich verlange danach, etwas von Eurer Frömmigkeit zu haben, denn ich weiß, Ihr seid ein Heiliger“, wandte er sich voll Entrüstung ab und brach in die Worte aus: „Weg von mir, ich bin ein Teufel, keine Heiliger.“
Anderen, die zu ihm sagten: „Vater, eine Versuchung kam über mich, und ich dachte, Ihr seid nicht, was die Welt von Euch hält“, antwortete er: „Des darfst Du versichert sein, daß ich ein Mensch gleich anderen bin und nicht mehr.“
Wenn er hörte, daß jemand hoch von ihm dachte, sagte er gewöhnlich: „O armer Mensch, wie viele arme Mädchen werden im Himmel einmal größer sein als ich!“
Allen Ehrungen ging er aus dem Weg. Zeichen der Hochachtung zu empfangen, war ihm unerträglich. Wenn man versuchte, seine Kleider zu berühren und niederkniete, wenn er vorbeiging, sagte er: „Steht auf! geht mir aus dem Weg!“ Er wollte nicht, daß man ihm die Hand küsse, ließ es bisweilen zu, um das Empfinden der anderen nicht zu verletzen.
Er war ein Feind allen Neides und aller Streitigkeiten. Alles, was man über ihn sagte, nahm er in gutem Sinn. Eine besondere Abneigung hatte er gegen jede Ziererei, im Sprechen wie in der Haltung oder in was immer.
Doppelzüngige Menschen konnte er nicht leiden, Lügner waren ihm verhaßt; seine geistlichen Söhne ermahnte er fortwährend, solche Menschen wie die Pest zu meiden.
Er zog andere immer zu Rate, auch in Angelegenheiten von geringer Bedeutung. Seine Beichtkinder hielt er ständig dazu an, nicht auf sich selbst zu vertrauen, sondern auf den Rat anderer zu hören und nach Kräften zu beten.
Es bereitete ihm große Freude, geringgeschätzt, ja sogar verachtet zu werden.
Er war im Verkehr mit anderen, auch in rein geschäftlichen Dingen, überaus liebenswürdig, in der Unterhaltung von großer Sanftmut und voll Mitleid und Rücksicht.
Von sich selbst zu sprechen, war ihm zuwider. Die Worte: „Ich sagte,“ „ich tat“, kamen selten aus seinem Mund; und niemals gab er anderen Anlaß, sich im Ernst oder Scherz groß zu machen, besonders in Dingen, die ihr Ansehen vermehren konnten.
Wie der heilige Evangelist Johannes, der in seinem Alter beständig sagte: „Kindlein, liebet einander“, so lehrte und ermahnte Philipp immer wieder: „Seid demütig; denkt gering von euch selbst.“
Er sagte, wenn wir ein gutes Werk getan haben, und ein anderer nehme es für sich selbst in Anspruch, so sollen wir uns freuen und Gott danken.
Ferner: niemand dürfe sich unterstehen zu sagen: „O, ich falle nicht, ich begehe keine Sünde“, denn solche Worte seien ein sicheres Zeichen, daß er fallen werde.
Solche, die sich selbst zu entschuldigen suchten, mißfielen ihm sehr, und er nannte sie „Frau Eva“, weil Eva sich selbst verteidigte, statt demütig zu sein.
Gebet
Heiliger Philipp, mein glorreicher Schutzpatron, Du hieltest das Lob und sogar Hochschätzung der Menschen für wertlos; erlange durch Deine Fürbitte auch mir diese Tugend von unserem Herrn und Heiland. Wie stolz ist mein Denken, wie verächtlich mein Sprechen, und wie ehrgeizig mein Handeln. Erbitte mir eine solche Geringschätzung meiner selbst, wie sie Dir zu eigen war, und erflehe mir die Erkenntnis meiner eigenen Nichtigkeit, daß ich mich freue, wenn ich verachtet werde, und immer suche, nur in den Augen meines Gottes und Richters groß zu sein. Amen.